Obwohl schon seit Jahren bekannt, scheint der Crowding-Effekt vielerseits noch nicht geläufig zu sein. Ließt man diese Bezeichnung zum ersten mal, kann man sich darunter sicher nicht so viel vorstellen und die Google Hits halten sich auch in Grenzen.
Der Crowdig-Effekt
Dabei ist die Erklärung eigentlich ganz einfach. Der Crowdig-Effekt beschreibt die Folgen der Überfüllung in einem geschlossenen System. Für unsere Schneckenhaltung kommt er meistens zum Einsatz, wenn die Frage gestellt wird wie viele Schnecken in einem Becken wohnen können. Dabei ist aber nicht die Anzahl der Schnecken an sich entscheidend, sondern die Anzahl der Schnecken in Bezug auf die zur Verfügung stehende Gesamtfläche. Mathematisch ausgedrückt würde man es als Anzahl der Schnecken/Quadratmeter bezeichnen, wir nennen diesen Wert einfach Populationsdichte. Unsere Tiere leben in einem geschlossenen System, deshalb ist anders als in der Natur keine Verteilung oder Zu- und Abwanderung von Tieren möglich.
Kritische Populationsdichte
Für einige Achatschneckenarten sind kritische Populationsdichten bekannt. Das heißt ab einer bestimmten Anzahl an Schnecken pro Quadratmeter tritt der Crowding-Effekt ein. Der kritische Wert für Lissachatina fulica liegt beispielsweise bei 10 Schnecken pro Quadratmeter. Dabei tritt der Effekt früher ein, je mehr Schnecken sich auf zu engem Raum aufhalten. Wissenschaftliche Studien die sich auf das Volumen des Schneckariums beziehen sind mir aktuell nicht bekannt.
Die Folgen des Crowding-Effekts können sehr umfangreich sein. Die Schnecken zeigen gestörtes und vermindertes Schalenwachstum, stellen teilweise den Futterkonsum ein, neigen zu Inaktivität, ziehen sich zurück und zeigen bei sehr hoher Populationsdichte auch eine erhöhte Sterberate, unabhängig vom Futter- und Calciumangebot.
Ärgerlicherweise ist der Effekt unabhängig von Alter und Größe der Schnecken. Das heißt drei 3cm L. fulicas benötigen genauso viel Platz wie drei 15cm L. fulicas. Mehr noch, für Schnecken im Wachstum ist der Platzbedarf noch wichtiger als für ausgewachsene Exemplare! Ist die Populationsdichte schon bei Jungschnecken zu hoch, kann dies später oft nicht mehr ausgeglichen werden. Umso wichtiger ist es, Schnecken direkt in ihr ausreichend großes Endbecken zu setzen. Optimalerweise sollte die kritische Populationsdichte nicht überschritten werden!
Wie viele Schnecken passen in mein Becken?
Um den Besatz eines Becken zu ermittelt wird zuerst dessen Grundfläche bestimmt. Die Berechnung ist nicht schwierig, ein Becken mit den Maßen 0,8x0,3 Meter entspricht beispielsweise einer Grundfläche von 0,24 Quadratmeter. Diesen Wert multiplizierten wir mit der kritischen Dichte von 10 und erhalten so den Maximalbesatz von 2,4. Doch halbe Schnecken sind bekannterweise schwierig zu halten und die übliche Empfehlung sind Gruppen von drei Tieren. Bei einem Besatz von drei Schnecken in einem Becken mit einer Grundfläche von 0,8x0,3 Meter wäre die kritische Populationsdichte aber bereits überschritten!
Anders sieht es aus bei einem Becken der Größe 0,8x0,4 Meter, denn hier liegt der Wert bei 3,2. Ergo stellt ein Becken mit diesen Maßen die absolute Untergrenze dar! Wir empfehlen stets direkt ein Endbecken mit den Mindestmaßen von 1x0,4 Meter anzuschaffen. Einige Arten wachsen sehr schnell und erreichen bereits mit vier bis fünf Monaten die Geschlechtsreife. Gerade der Platzbedarf für Jungschnecken darf nicht unterschätzt werden. Eine Schnecke von drei, vier Zentimetern mag in einem so großen Becken vielleicht zuerst ein wenig verloren wirken. Aber die Erfahrung zeigt dass sie den Platz nutzen. Größere Becken bieten außerdem viel mehr Platz zum dekorieren, ein Schneckarium kann so zu einem wahren Blickfang werden. Es gilt der oft verwendete Satz: Größer ist immer besser!
Mehrere Ebenen
Oft wird diskutiert ob die nutzbare Grundfläche eines Beckes durch mehrere Ebenen vergrößert und so der Besatz erhöht werden kann. Rein theoretisch ist dies möglich. Aber wie so oft lässt sich Theorie nicht einfach so in die Praxis umsetzen. Die Fläche die durch zusätzliche Ebenen erreicht wird kann auf die Grundfläche des Becks addiert werden. Meistens sind diese Flächen aber so klein, dass nicht ausreichend Platz geschaffen wird, um den Besatz auch nur um ein Tier zu erhöhen. Zusätzliche Ebenen können vor allem bei hohen Becken eine gute Ergänzung sein. Der zusätzlich geschaffene Platz sollte aber nicht überschätzt werden.
Platzbedarf wird immer noch unterschätzt
In vielen Bereichen der Terraristik, vor allem bei der Haltung von Wirbeltieren, haben sich große Becken inzwischen längst etabliert und gelten als selbstverständlich. Auch in der Schneckenwelt haben sich größere Becken in den letzten Jahren schon vermehrt durchgesetzt. In den Köpfen zahlreicher Schneckenhalter hat das Umdenken bereits stattgefunden. Trotzdem wird der Platzbedarf von Schnecken immer noch unterschätzt und manchmal sogar leicht belächelt. Es wird Zeit dass er genauso Ernst genommen wird wie bei Wirbeltieren.
Quellen:
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